Namasté – wer Yoga übt, hört den indischen Gruß vermutlich am laufenden Band. Er ist so ins Vokabular der meisten Praktizierenden eingebrannt, dass es fast schwer fällt, zu hinterfragen, wo er überhaupt herkommt und wieso man ihn verwendet. Fragst du dich auch manchmal nach dem Hintergrund von Namasté?
Namasté bedeutet in Sanskrit wörtlich übersetzt so etwas wie Verehrung sei dir (dargebracht) oder Ich verbeuge mich vor dir. Namas meint Verehrung/Verbeugung/Gruß und te kommt dem Pronomen dir gleich.
Andere übersetzen es auch mit den Worten: Das Göttliche in mir grüßt das Göttliche in dir.
Tatsächlich ist aber eine der gängigsten Übersetzungen in Indien und anderen hinduistisch geprägten Ländern schlichtweg Hallo und wird alltäglich gebraucht.
Andere Versionen sind Namaskar, Namo Namaha, Namaskara oder Namaskaram.
Wie funktioniert der Namasté-Gruß?
Der Namasté-Gruß kann auf drei Ebenen funktionieren: der gesprochenen, der körperlichen und der intentionalen.
Der gesprochene Teil ist selbsterklärend: Menschen sagen Namasté zueinander.
Auf der körperlichen Ebene gibt es unterschiedliche Arten, Namasté auszudrücken. Die gängigste ist wahrscheinlich Anjali Mudra, wo die Hände vor der Brust, bzw. dem Herz-Chakra, zusammengenommen werden. Die Stirn wird dann Richtung Fingerspitzen geneigt. Bei einer leicht abgewandelten Variante werden die zusammengelegten Fingerspitzen an die Stirn ans dritte Auge gelegt; die Daumen berühren dabei die Lippen.
Die Intention, de wohl wichtigste Teil: Das Gegenüber soll geehrt und wertgeschätzt werden, sowie das formlose Göttliche, das jeder Physis innewohnt.
Worte und Gesten sind unbedeutend, wenn die Intention dahinter fehlt.
Wann sagt man Namasté?
Tatsächlich sagen viel weniger Menschen in Indien Namasté, als du vielleicht denken würdest. Kein Wunder: In Indien werden all in all ca. 1800 Sprachen gesprochen. Die Verwendung von Namasté beschränkt sich dabei eher auf einige Regionen im Norden, in denen der Gruß wirklich alltäglich gebraucht wird.
Dies steht etwas konträr zu dem Bild, das uns in Yogaklassen indirekt vermittelt wird; dort wird Namasté häufig mit indischem Alltag bzw. Religion gleichgesetzt.
Welche Bedeutung hat Namasté im Yoga-Kontext?
Sie ist wahrlich schwer zu finden: eine Yogastunde, die nach Shavasana nicht mit Namasté schließt. Manchmal hört man den Gruß auch zu Anfang einer Stunde, wobei am Schluss eher die Norm ist.
Das Ende einer Klasse gleicht meist einer ritualisierten Abfolge, auf die sich die Schüler*innen verlassen können; egal wo auf der Welt du praktizierst, du wirst mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit nach der Tiefenentspannung ein bis drei OMs chanten, die Hände in Anjali Mudra vor die Brust legen, dich verbeugen und Namasté zur Verabschiedung murmeln.
Das Ritual hat etwas Schönes, Vertrautes. Es erinnert dich vielleicht daran, warum du Yoga übst, du fühlst dich mit deinen Mit-Praktizierenden verbunden. Oder es gibt dir Kraft, den Alltag zu meistern, nachdem du deinen safe space, das Yoga-Studio, wieder verlassen hast. Namasté kann also zum Yoga-Praktizieren dazu gehören und dir ein gutes Gefühl geben.
Namasté und Kulturelle Aneignung
Der indische Comedian Akaash Singh erörtert das Thema auch höchst komödiantisch bei einer seiner Shows, der Ausschnitt ist auf YouTube viral gegangen: “Welche höhere Bewusstseinsstufe glaubst du zu erlangen, wenn du am Ende deiner Yogastunde deine Hände faltest und Hallo falsch aussprichst?”
White People Can't Say Namaste | Akaash Singh | Stand Up Comedy
Der Clip ist super lustig, aber natürlich beinhaltet er mehrere traurige Wahrheiten, die durchaus problematisch sein können: die unhinterfragte Übernahme kultureller Praktiken, die Ignoranz dahinter, Dinge (in diesem Fall Worte), korrekt zu verwenden und die Westliche Sucht nach Spiritualität und Erleuchtung auf Knopfdruck, die die Wellness-Industrie verspricht zu befriedigen; ob durch Yoga, Chi Gong, Achtsamkeitstraining oder Breathwork.
Hier ein paar Fragen, die du dir stellen kannst, um deiner persönlichen Intention auf den Grund zu gehen:
Wieso sagst du Namasté?
Wertschätzt du die Kultur und sprichst du das Wort richtig aus?
Fühlst du dich dazu verpflichtet, es zu sagen? Hängst du daran? Wieso?
Gibt es eine andere Methode, dieselbe Resonanz, Schönheit, Weisheit zu transportieren?
Es geht bei Kultureller Aneignung nicht darum, was man sagen darf oder nicht. Eine Checkliste, wie man Yoga wertschätzend und respektvoll unterrichtet, gibt es nicht. Vielmehr geht es darum, immer zu hinterfragen; sich zu bilden, informieren und zu fragen, woher wir unser Wissen beziehen und warum wir Dinge so weitergeben, wie wir es eben tun. Yoga ist seit vielen tausend Jahren ein komplexes Hybrid, das von vielen Traditionen beeinflusst wurde und stetig gewachsen ist.
Man könnte auch etwas anderes anstelle von Namasté verwenden... Wie wäre es mit einer Wertschätzung der Yoga-Tradition? Einem Danke an deine Lehrer*innen? Oder einem ehrlichen Bis bald?!
Welche Antwort auf Namasté?
Üblicherweise erwidert man auf Namasté ebenfalls Namasté. Einige legen dazu die Handflächen vor der Brust aneinander und deuten eine kleine Verbeugung an; obligatorisch ist das aber nicht.
Wo begrüßt man sich mit Namasté?
In Indien ist Namasté ein typischer Gruß, aber auch in anderen hinduistisch geprägten Ländern, wie z.B. Nepal, sagt man Namasté.
Ist es als Westler*in okay, Namasté zu verwenden?
Es gibt keine Regel, die es erlaubt bzw. verbietet, Namasté zu verwenden. Sei dir aber im Klaren darüber, dass Namasté hierzulande häufig in anderen Kontexten verwendet wird, als in Indien üblich, und dass sich Menschen aus Indien oder anderen hinduistisch geprägten Regionen daran stören können, sollte es falsch verwendet werden (Stichwort: Kulturelle Aneignung). Informiere dich, bevor du es unwissentlich nutzt und wenn du dir unsicher bist oder dich unwohl fühlst: lass es einfach. Es gibt noch viele andere schöne Methoden zur Begrüßung oder Verabschiedung, um Wertschätzung ausdrücken.
Quelle: Was bedeutet Namasté? So wird die Grußformel wirklich verwendet (fuckluckygohappy.de)
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